Die 3. Symphonie ist aufgrund ihrer Reife und Vollkommenheit zur beliebtesten unter den Brahms-Symphonien geworden. Johannes Brahms vollendete sie in Wiesbaden, wo sich der gerade Fünfzigjährige im Sommer des Jahres 1883 aufhielt. Er hatte sich möglicherweise in die weitaus jüngere Sängerin Hermine Spiess verliebt, die in dieser Stadt wohnte. Wie die meisten Brahms-Symphonien wird auch die Dritte von einem melodischen Motto bestimmt. In diesem Fall besteht es aus drei Tönen, die die Symphonie nicht nur einleiten, sondern auch häufig in ihre Struktur verwoben sind und mit dramatischen Nachdruck in entscheidenden Momenten der späteren Sätze wieder erscheinen. Durch den unerwartet friedvollen Schluß unterscheidet sich die Dritte von ihren beiden Vorgängerinnen - die in allen vier Sätzen präsente elektrisierende Spannung nimmt ab und findet schließlich zu der von Clara Schumann so bezeichneten "spannungslösenden Verklärung".
Mit seiner schlanken Gestalt, dem typischen Haarschopf und dem durchdringenden Blick seiner blauen Augen beherrschte Herbert von Karajan (1908-1989) das Dirigentenpult. Wer ihn jemals live oder zumindest in einer seiner zahlreichen Videoaufnahmen dirigieren sah, konnte erleben, wie von Karajan die Musik zur Religion erhob und sie wie deren Hohepriester in einem fast mythischen Ritus zelebrierte. Herbert von Karajan verkörperte die klassische Musik im allgemeinen Bewußtsein als epochaler Dirigent, Medienstar, Opernproduzent, Gründer und Leiter von Festspielen. Trotz aller ehrgeizigen Projekte und vielfältigen Aktivitäten blieb Karajan der überragende Dirigent mit großem Verständnis für das Orchester- und Opernrepertoire von Mozart bis Schönberg, in dem sich niemand mit ihm messen konnte. Während sich einerseits seine außergewöhnliche Begabung nicht bezweifeln läßt, traf ihn andererseits oft der Vorwurf der Selbststilisierung und kommerziellen Vermarktung seiner Person.
Diese Aufnahme entstand im Januar 1973 in der Berliner Philharmonie.