Inhalt
Am 3. März 1875 wird „Carmen“ an der Pariser Opéra Comique uraufgeführt. Die Proben gestalten sich schwierig, das Orchester klagt über unspielbare Passagen, der Chor über die ungewohnten schauspielerischen Anforderungen, der Theaterleitung ist die Geschichte zu anstößig. Und nach der Premiere kommt nur „eisige Kälte“ aus dem Publikum, berichtet der Librettist Ludovic Halévy, ein Cousin von Bizets Frau. Der Siegeszug der Oper beginnt erst ein halbes Jahr später von Wien aus. Der Komponist erlebt diesen Erfolg nicht mehr, er stirbt am 3. Juni 1875 (seinem sechsten Hochzeitstag) mit nur 36 Jahren. Es wird von Selbstmord getuschelt und von gebrochenem Herzen. Die Wahrheit ist viel profaner: Der starke Raucher hat wieder einmal einen Angina-Schub und das ohnehin schwache Herz macht nicht mehr mit.
Seine „Carmen“ aber wird zu einer der beliebtesten und meist gespielten Opern, bis heute.
© Ulla Pilz, ORF - Radio Österreich 1
Wissenswertes
- geboren als Alexandre César Léopold Bizet am 25. Oktober 1838 im neunten Pariser Arrondissement. Der Vater ist Friseur, Perückenmacher und Amateursänger, die Mutter eine talentierte Pianistin. Georges bleibt ein Einzelkind.
- Seine Mutter Aimée bringt ihm schon als Kleinkind das Notenlesen bei. Mit nur neun Jahren beginnt er am Konservatorium zu studieren, für ihn wird sogar die Altersgrenze herabgesetzt. Erste erhaltene Kompositionsversuche 1850.
- 1855 komponiert der 17jährige innerhalb eines Monats seine Symphonie in C, wahrscheinlich als Studentenaufgabe. Er verschweigt dieses Werk zeitlebens vollständig, es wird erst in den 1930ern wiederentdeckt und uraufgeführt.
- 1857 gewinnt Bizet beim zweiten Anlauf den „Prix de Rome“ (eine Art Oscar für französische Komponisten), der mit einem Stipendienaufenthalt in Rom verknüpft ist und verbringt dort drei Jahre.
- Jahrelang hält er sich als Klavierlehrer, Begleiter und Arrangeur über Wasser. In Briefen schreibt er: „Ich schufte mich zu Tode. Ich führe eine sinnlose Existenz“ oder „Ach, Musik! Was für eine schöne Kunst, aber was für ein erbärmlicher Beruf.“
- 1869 Hochzeit mit Genevieve Halévy, der Tochter seines verstorbenen Lehrers Jacques Fromental Halévy, obwohl ihre Familie ihn als „armen Schlucker, linken und antireligiösen Bohemien“ ablehnt. 1872 wird der gemeinsame Sohn Jacques geboren.
- 1870/71 freiwilliges Mitglied der Pariser Nationalgarde im Deutsch-Französischen Krieg. Er beklagt sich über die veraltete Ausrüstung und meint, die Gewehre seien gefährlicher für sie selbst als für den Feind.
- Bizets Werkkatalog ist kurz, viele Manuskripte sind verloren. Und doch enthält er 31 Bühnenwerke, gespielt werden davon außer „Carmen“ allerdings nur wenige, etwa „Les pecheurs de perles“, „Djamileh“ oder „La jolie fille de Perth“.
Schon gewusst?
- Bizet ist humorvoll und beliebt, aber auch gefürchtet für seine Bereitschaft Streit anzufangen. Dabei schreckt er auch vor physischen Auseinandersetzungen nicht zurück.
- Er ist ein hervorragender Pianist. Bei einem Abendessen im Beisein Franz Liszts spielt er zu dessen Verblüffung ein extrem schwieriges Liszt-Werk fehlerfrei vom Blatt.
- Georges Bizet kämpft sein Leben lang mit Selbstzweifeln und fürchtet, als Komponist zu versagen. Er schreibt: „Wirklich glücklich ist, wer mitten in der Dunkelheit der Kunst sich nicht das Genick bricht.“
- 1862 wird Bizet Vater des unehelichen Sohnes Jean, Mutter ist die Haushälterin der Familie, Marie Reiter. Der Junge wächst im Glauben auf, sein Vater sei Bizet senior, erst am Sterbebett enthüllt Reiter die Wahrheit.
- Bizet ist ein glühender Atheist und hält Religion für einen „Deckmantel für Ehrgeiz, Ungerechtigkeit und Laster“. Als er im Zuge des Rompreises ein religiöses Werk komponieren soll, legt er stattdessen eine Opera buffa vor.
- Seinen Titel „Ritter der Ehrenlegion“ verdankt Bizet einem Missverständnis: Der Minister hält ihn für den Autor des Schauspiels und nicht den der Bühnenmusik.
- Marcel Prousts erste (unerwiderte) Liebe ist Bizets Sohn Jacques, mit dem er das Lycée besucht. Bizets Witwe Genevieve dient Proust als Vorbild für eine Figur in seinem Opus magnum „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“.
Galerie

Empfehlungen

Young People's Concerts: Was heißt Sonatenform?
-
Leonard Bernstein
-
Georges Bizet, Wolfgang Amadeus Mozart
-
New York Philharmonic
-
Veronica Tyler

Bizet, Carmen
-
Paolo Carignani
-
Kasper Holten
-
Wiener Symphoniker
-
Gaëlle Arquez, Daniel Johansson, Scott Hendricks, Elena Tsallagova

Stars von morgen - Folge 28
-
Elias Grandy
-
Junge Sinfonie Berlin
-
Gaëlle Arquez
-
Julia Lange, Asya Fateyeva

Red Ribbon Celebration Concert - 1001 Nights
-
Omer Meir Wellber
-
ORF Radio-Symphonieorchester Wien
-
Elisabeth Kulman, Anna Netrebko, Piotr Beczala

Stars von morgen - Folge 25
-
Giedrė Šlekytė
-
Junge Sinfonie Berlin
-
Fatma Said
-
Kian Soltani, Thomas Leleu

Sommernachtsgala Grafenegg 2016
-
Yutaka Sado
-
Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
-
Olga Peretyatko, Bryn Terfel
-
Rudolf Buchbinder

Bizet, Carmen
-
Andris Nelsons
-
Franco Zeffirelli
-
Orchester der Wiener Staatsoper
-
Nadia Krasteva, Massimo Giordano, Ildebrando D'Arcangelo

Sommernachtsgala Grafenegg 2019
-
Yutaka Sado
-
Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
-
Sonya Yoncheva, Ludovic Tézier
-
Emmanuel Tjeknavorian

Stars von morgen - Folge 11
-
Patrick Lange
-
Junge Sinfonie Berlin
-
Mélissa Petit, Rolando Villazón, Sebastian Wartig
-
Conrad Tao, Ksenija Sidorova

Sommernachtsgala Grafenegg 2015
-
Yutaka Sado
-
Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
-
Elisabeth Kulman, Piotr Beczala
-
Julia Fischer

Die Baden-Baden Operngala
-
Marco Armiliato
-
Badische Staatskapelle
-
Anja Harteros, Ekaterina Gubanova, Jonas Kaufmann, Bryn Terfel

Red Ribbon Celebration Concert aus Wien - Building Bridges for Peace
-
Yutaka Sado
-
Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
-
Anna Netrebko, Kristine Opolais, Gregory Porter, Elena Maximova