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Wiener Staatsoper, April 2016. Der Applaus nach „E lucevan le stelle“, dem Tenor-Hit aus Puccinis „Tosca“, ist so heftig, dass die Arie wiederholt wird. Danach geht der Dirigent gleich weiter, aber die Diva erscheint nicht. Ist sie sauer wegen der Wiederholung oder rechnet sie mit noch mehr Beifall? Wie auch immer, der Tenor beweist Geistesgegenwart, er singt „Non abbiamo il soprano“, „Wir haben keinen Sopran“, perfekt im Puccini-Stil improvisiert, und erobert damit die Herzen des Publikums noch mehr, wenn das im Fall von Jonas Kaufmann überhaupt noch möglich ist.

Denn der Münchner Tenor ist ohnehin schon der Liebling aller, einer, der besonders oft aufgezeigt haben muss, als die guten Gaben verteilt wurden, bei der Attraktivität ebenso wie bei der Intelligenz und der schauspielerischen Begabung. Und dann erst diese vielseitig einsetzbare Stimme mit ihrer dunklen, baritonalen Färbung…

Jonas Kaufmann hat in wenigen Jahren alles erreicht, was ein Sänger nur erreichen kann.
Seine Omnipräsenz fordert aber auch ihren Tribut, doch Jonas Kaufmann ist klug genug abzusagen, wenn die Stimme es verlangt. Natürlich nicht, ohne seine Fans mit einem offenen Brief ganz persönlich darüber zu informieren; ein echter Star eben und ein echter Mensch.

© Ulla Pilz, ORF - Radio Österreich 1

Wissenswertes


  • 1969 in München geboren

  • 1994-1996 erstes Engagement in Saarbrücken

  • 1996 Neuorientierung nach einer Stimmkrise, Kaufmann findet zu seiner „eigentlichen“, dunkleren Stimme

  • 1998 „Così fan tutte“ in der letzten Inszenierung Giorgio Strehlers

  • ab 2001 Engagement am Züricher Opernhaus, seither Hauptrollen an fast allen namhaften Opernhäusern Europas

  • 2006 internationaler Durchbruch mit „La Traviata“ an der Met

  • Solo-CDs von Wagner und Verdi bis Schubert und von Puccini bis zur Operette

  • vielfach preisgekrönt und zum „Sänger des Jahres“ gewählt (Opernwelt, Echo Klassik, Musical America, International Opera Awards)


Schon gewusst?


  • Als Kind ist Jonas Kaufmann begeisterter Chorsänger; ursprünglich will er das Singen nicht zum Beruf machen, um nicht die Freude daran zu verlieren und studiert Mathematik.

  • Seine Eltern, eine Kindergärtnerin und ein Versicherungsangestellter, die aus der DDR geflüchtet sind, besitzen eine umfangreiche Klassik-Plattensammlung, und schon der Großvater singt zum Vergnügen Wagner und begleitet sich dabei selber am Klavier.

  • Nach Beschimpfungen des Publikums während „Die Entführung aus dem Serail“ 2003 in Salzburg macht sich Jonas Kaufmann unbeliebt, indem er sich mit den Worten „Es steht jedem frei, nach Hause zu gehen“ direkt ans Auditorium wendet.

  • Er ist dreifacher Vater, aber seit 2014 von seiner Ehefrau, der Mezzosopranistin Margarete Joswig, getrennt.

  • Kaufmann lehnt eine Spezialisierung auf ein enges Rollenfach ab, er findet, dass die unterschiedlichen Partien einander befruchten und sieht den Wechsel zwischen Mozart und Wagner als ausgleichendes „Yin-Yang-Spiel“.

  • Eine große Liebe Jonas Kaufmanns ist auch die Literatur, im Interview mit der FAZ sagt er, „Bevor ich mein Gehirn ab- und die Glotze anschalte, lese ich lieber“ oder „Jeder, der „Carmen“ singt, sollte doch in Gottes Namen mal diese kleine, schmale Novelle von Mérimée gelesen haben.“

  • Im selben Gespräch gesteht er, dass es ihn reizen würde, einmal eine Filmrolle zu spielen, ganz ohne zu singen.

  • Eine italienische Illustrierte dichtet ihm eine Affäre mit Madonna an, er dementiert, fügt aber hinzu, dass er sie für ihre Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden, bewundere und gern ein Duett mit ihr singen würde.


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