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Aus drei ganz unterschiedlichen Gründen ist 1852 ist ein einschneidendes Jahr für den kaum 13jährigen Modest Petrowitsch Mussorgsky. Erstens wird er in eine Kadettenschule gesteckt, zweitens wird seine erste Komposition, die seinen neuen Schulkollegen gewidmete „Fähnrichs-Polka“, gedruckt (auf Kosten seines Vaters, aber immerhin). Und drittens dürfte 1852 auch das Jahr sein, in dem Mussorgskys Erstbegegnung mit dem bösen Geist stattfindet, der sein ganzes weiteres Leben und schließlich auch seinen Tod bestimmen wird: der Alkohol. Kameraden sollen ihn zum Trinken verleitet haben, die Sucht bleibt ihm zeitlebens erhalten.
Die Militärlaufbahn aber lässt er hinter sich, um sich ganz der Musik zu widmen; doch der gesellschaftlich-finanzielle Niedergang seiner Familie zwingt ihn zum Geldverdienen. Er nimmt eine niedrige Beamtenstelle in einem Ministerium an und zieht in eine Wohngemeinschaft mit wechselnden jungen Künstlern. Mussorgsky selbst bezeichnet dieses Zusammenleben sogar als „Kommune“. Hier wird politisiert und über Gott und die Welt philosophiert, vor allem über die Kunst. Und von hier aus beginnt Mussorgskys Suche nach einer völlig neuen russischen Musik.
© Ulla Pilz - Radio Österreich 1

Wissenswertes


  • 1839 als Sohn eines reichen Gutsbesitzers im Nordwesten Russlands geboren, mit vier Jahren erster Klavierunterricht bei der Mutter, erster Konzertauftritt mit neun

  • 1857 Unterricht bei Mili Balakirev, durch ihn lernt er die Idee einer russischen Nationalmusik kennen

  • 1860 erste öffentliche Aufführung einer Mussorgsky-Komposition, des Scherzos B-Dur unter der Leitung von Anton Rubinstein

  • 1861 wird in Russland die Leibeigenschaft aufgehoben, Mussorgskys Familie verarmt

  • 1862 schließen sich Mussorgsky, Rimski-Korsakoff, Balakirew, Borodin und César Cui zur „Gruppe der Fünf“ zusammen, die durch Einbeziehung von Volksmusik, Suche nach Realismus und Bezüge zur Sprache die russische Kunstmusik erneuern will

  • 1865 Tod der Mutter, der Komponist verfällt ins Delirium tremens

  • 1871-72 gemeinsames Zimmer mit Rimski-Korsakoff, der sich nach Mussorgskys frühem Tod um die Aufarbeitung und Verbreitung von dessen Lebenswerk kümmert

  • 1874 Uraufführung seiner bis dahin immer wieder überarbeiteten Oper „Boris Godunow“ nach Puschkin, im gleichen Jahr komponiert er die „Bilder einer Ausstellung“

  • 1880 muss er aus gesundheitlichen Gründen seine Beamtentätigkeit beenden, am 28. März 1881 stirbt er, sieben Tage nach seinem 42. Geburtstag


Schon gewusst?


  • Mussorgsky und seine Mitstreiter bekämpfen alles Akademische in der Musik, betrachten sich selber stolz als Dilettanten. Als Rimski-Korsakoff eine Professur am Konservatorium annimmt, wird er von seinem Freund dafür scharf kritisiert

  • Claude Debussy sagt über Mussorgsky: „Niemand hat so sehr und so zart und so tief das Gute in uns angesprochen wie er…. Niemals hat eine so bis ins letzte verfeinerte Sensibilität sich durch so einfache Mittel auszudrücken vermocht“

  • Pjotr Iljitsch Tschaikowsky sieht ihn kritischer: „… spricht trotz all seiner Scheußlichkeiten dennoch eine neue Sprache. Sie ist nicht schön, aber unverbraucht.“

  • In den Architekten Viktor Hartmann, dessen Zeichnungen die Vorlage von Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ sind, dürfte der Komponist unglücklich verliebt gewesen sein

  • Als der italienische Tenor Ravelli, den er begleiten soll, leicht indisponiert ist, transponiert Mussorgsky aus dem Stand alle Stücke nach unten, ohne Probe und schwer alkoholisiert

  • Mussorgsky ist ein entschiedener Gegner des L´art pour art - Prinzips. Seine Musik soll kommunizieren wie die menschliche Sprache


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