November 1839: Giuseppe Verdis erste Oper wird an der Mailänder Scala uraufgeführt. Die junge Sopranistin Giuseppina Strepponi, im Alter von 23 Jahren - als Favoritin des Intendanten - schon Primadonna der Scala, hat Gefallen an Verdis Musik und seinen Opernplänen gefunden und setzt sich für den jungen, aufstrebenden Komponisten ein. Man einigt sich auf eine im Mittelalter vor dem Hintergrund von Familienhaß und Eifersucht spielende Liebesgeschichte. Giuseppina Strepponi kann dann aus Zeitgründen doch nicht die Premiere singen, aber "Oberto" hat dennoch Erfolg. Zwei Dinge ahnt aber zu diesem Zeitpunkt noch niemand: Daß Verdi eines Tages der führende Opernkomponist Italiens (wenn nicht sogar der ganzen Welt) sein wird - und daß Giuseppina Strepponi acht Jahre später Verdis Lebensgefährtin und 1859 sogar seine Ehefrau sein wird...
Riccardo, Graf von Salinguerra, will Cuniza, die Schwester von Ezzelino da Romano, heiraten, weil er sich davon einen Zuwachs an Macht verspricht. Zuvor hat er Oberto, den Grafen von Bonifacio, in die Verbannung getrieben und Obertos Tochter Leonora verführt, sich dann jedoch Cuniza zugewandt. Oberto ist zur Hochzeitsfeier angereist, um Rache zu nehmen. Leonora erzählt Cuniza die Vorgeschichte. Cuniza ist empört und beschließt, daß Riccardo zu Leonora zurückkehren soll. Oberto kommt im Zweikampf mit Riccardo ums Leben. Riccardo erkennt nun seine Schuld, betet und flieht. Schließlich bittet er Leonora in einem Brief um Verzeihung und überläßt ihr seine Güter. Leonora geht ins Kloster, Cuniza bleibt allein zurück.
Kein anderer Komponist hat eine so große künstlerische Entwicklung durchgemacht wie Giuseppe Verdi. An der immensen Schaffensbreite von "Oberto" bis "Falstaff" läßt sich die Operngeschichte des 19. Jahrhunderts exemplarisch verfolgen. Der Name Verdi wurde zum Synonym für italienische Oper. Er konnte in der Melodie alle menschlichen Gefühle darstellen, lockerte den starren Wechsel zwischen Szene und Arie, setzte die Singstimme wirkungsvoll ein und hatte ein Gespür für packende Dramatik. Sein Werk fasziniert die Touristen in der Arena von Verona ebenso wie die modernen Musiktheater-Regisseure, deren Aktualisierungen beweisen, wieviel Interpretationsarbeit ein gutes Kunstwerk verträgt.
Der Musiker Verdi setzte neue Maßstäbe in der Oper, der Politiker Verdi engagierte sich für die Einheit und Unabhängigkeit seines Heimatlands; der Gefangenenchor aus "Nabucco" gilt als heimliche italienische Nationalhymne. Der Finanzier Verdi wußte aus seinem Talent Kapital zu schlagen, der Mäzen Verdi gründete in Mailand das berühmte Altersheim für Musiker. Und doch blieb er, wie er selbst sagte, ein Bauer, der sich auf seinem Landgut am wohlsten fühlte. Kein Wunder, daß eine Zeit lang fast kein Komponist an Verdi vorbeikam, wenn er sich auf das Gebiet der Oper wagte.