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Man könnte meinen, seine wahre Leidenschaft sei gar nicht so sehr die Musik gewesen, als die Technik. Als das Automobil erfunden wurde, hielt ihn das für Jahrzehnte in Atem und in Kauflust. Französische und später italienische Modelle waren seine Objekte der Begierde, von 5 hp De Dion Bouton aus 1901 über mehrere Fiats bis zu den schnellen Lancias der 20er Jahre. Und was hat das mit seiner Musik zu tun? Zumindest den simplen Zusammenhang, dass er sich das alles nicht hätte leisten können, wäre er als Komponist nicht so erfolgreich gewesen. Und das erstaunlicherweise mit Werken, die in schwierigen Milieus spielen und deprimierende Handlungsabläufe aneinanderreihen. Von „La Bohème“ zu „Madame Butterfly“ über „Suor Angelika“ und „Gianni Schicchi“ zu „Turandot“. Aber Giacomo Puccini stellt seine unglaubliche Begabung fürs Theatralische und Musikalische auf ganz raffinierte Weise in den Dienst gesellschaftskritischer Situationen. Inmitten der todesurteilsgetränkten und aussichtslosen Atmosphäre der „Turandot“ scheint ein „Nessun dorma“ zu genügen, um der Oper ungebrochene Attraktivität über Jahrzehnte zu sichern. Inmitten der desaströs niederträchtigen und heimtückischen Atmosphäre eines Frauenklosters und einer mit Selbstmord der Hauptperson endenden Geschichte genügt ein „Senza mamma, o bimbo, tu sei morto“. Das ist die Unglaublichkeit von Puccini: So gnadenlos die Gesellschaftskritik mancher seiner Opern sein mag, so gnadenlos ins Herz gehend ist jedenfalls auch seine Musik.
© Christian Scheib, ORF - Radio Österreich 1

Wissenswertes


  • 1884: Uraufführung der Oper Le Villi in Mailand

  • 1889: Uraufführung der Oper Edgar in Mailand

  • In den frühen 80er Jahren entwickeln sich während des Studiums Freundschaften zum Komponisten, Schriftsteller und Librettisten Arrigo Boito und zu seinem Wohungskollegen Pietro Mascagni.

  • 1893 Uraufführung der Oper Manon Lescaut in Turin

  • 1896 dirigiert Arturo Toscanini in Turin die Uraufführung von La Bohème

  • Bis zu „Manon Lescaut“ lebt Puccini trotz erster Opernerfolge in relativ bescheidenen Verhältnissen. Erst in den 90er Jahren wendet sich das Blatt grundlegend und er lehnt Angebote wie Direktor des Istituto Musicale in Venedig oder Kompositionslehrer in Mailand zu werden ab.

  • Im Jänner 1900 hat Tosca in Rom Premiere.

  • Madame Butterfly wird 1904 in Mailand uraufgeführt.

  • La fanciulla del West hat 1910 in New York Premiere, in Monte Carlo erfolgt die Uraufführung von La rondine 1917 und Il trittico 1918 wieder in New York.

  • Das unvollendete gebliebene dramma lirico Turandot kommt 1926 in Mailand auf die Bühne. Der Komponist Luciano Berio wird später eine ergänzte Fassung komponieren, die 2002 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt wird.


Schon gewusst?


  • Sowohl sein Vater als auch sein Großvater waren professionelle Musiker und Komponisten. 1875 gewinnt Puccini 18jährig bei einem Wettbewerb den Preis als „bester Organist“ und beginnt drei Jahre später in einem Konvent als Organist zu arbeiten.

  • 1885 lernt Puccini in Lucca Elvira Bonturi kennen, flieht mit der verheirateten Frau aus bester Gesellschaft nach Mailand und 1896 kommt in Monza der Sohn Antonio zur Welt. Giacomo und Elvira werden erst zwanzig Jahre später heiraten.

  • 1891 ist er zum ersten Mal am See Torre del Lago, an dessen Ufer er später in seiner Villa wohnen wird.

  • 1907 fahren Puccini und seine Frau Elvira nach mit dem Dampfer nach New York, um dort zwei Monate zu bleiben. Aus dieser Zeit in den USA gibt es Tonaufnahmen der Stimmen beider.

  • 1909 bringt sich das Hausmädchen Doria Manfredi um, weil sie die Drangsal seitens Elvira, die ein Verhältnis zwischen ihrem Mann und dem jungen Mädchen unterstellte, nicht mehr aushält. In diesem Fall zu Unrecht, aber Puccini schreibt beispielsweise tatsächlich bei Gelegenheit an einen Freund, sich schon wieder auf eine „vagina fresca“ zu freuen.

  • 1922 unternehmen Puccini und seine Frau Elvira gemeinsam mit mehreren Freunden eine Reise quer durch Europa in zwei Automobilen, die Puccinis in einem Lancia Trikappa, der immerhin 130 Stundenkilometer schnell fahren konnte.

  • Die von Puccini zwischen 1902 und 1924 gekauften Autos: De Dion-Bouton 4.5, Clément Bajard 1904, La Buire Double Phaeton, Lancia 18/24 HP Dialfa, Fiat Tipo 3 Ter, Fiat 501, Fiat 519, Lancia Trikappa, Lancia Lambda Convertible.


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