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Covent Garden Opera, ein Samstag im Juli 2009, auf dem Spielplan steht die Premiere von Rossinis „Barbiere di Siviglia“, in der Rolle der Rosina Joyce DiDonato, eine der führenden Mezzosopranistinnen unserer Zeit. An diesem Abend nimmt sie den englischen toi-toi-toi-Satz „Break a leg“ allerdings ein wenig zu wörtlich. Gegen Ende des ersten Akts, sie hat gerade ihre große Arie „Una voce poco fà“ gesungen, rutscht sie aus und verletzt sich den Knöchel. Mit Hilfe einer Krücke und eines Stocks singt und spielt sie die Vorstellung zu Ende, bekommt Szenenapplaus für den Satz „Ich habe einen Krampf im Fuß“ (der tatsächlich im Libretto steht!) und lange Standing Ovations am Ende. Dass der Fuß gebrochen ist, stellt sich erst bei der genaueren Untersuchung danach heraus. Aber selbst das kann die aus Kansas stammende Sängerin nicht davon abhalten, auch in der restlichen Spielserie auf der Bühne zu stehen. Oder vielmehr zu sitzen, sie bestreitet die Folgevorstellungen nämlich im witzig in die Inszenierung eingebauten Rollstuhl mit einem zum Kostüm passenden rosa Stumpf über dem Gipsbein.
Mit dem Attribut „Diva“ schmückt Joyce DiDonato sich auch sonst nur dann, wenn sie bloggt; ihr Nickname: „Yankee Diva“.
© Ulla Pilz - Radio Österreich 1

Wissenswertes


  • 1969 als sechstes von sieben Kindern in Prairie Village, einem Vorort von Kansas City geboren. Der Vater ist Architekt, leitet aber auch den Chor in der Kirche, in der die Mutter Orgel spielt

  • 1995 schließt sie das Studium am Santa Fé Opernstudio ab und gewinnt ihren ersten Preis beim Pavarotti-Wettbewerb

  • Unzählige weitere Preise folgen, unter anderem bekommt sie mehrere Grammies und zwischen 2010 und 2017 vier Mal den ECHO Klassik als beste Sängerin des Jahres

  • 1998 Debut an der Mailänder Scala als Rossinis Cenerentola

  • 2005 Met-Debut als Cherubino in „Le nozze di figaro“ im Alter von 35 Jahren, erster Plattenvertrag mit 37; DiDonato bezeichnet sich selber als Spätzünderin. Seither ist sie aber an praktisch allen maßgeblichen Opernhäusern der Welt zu Gast

  • Es liegen über 40 CD-Aufnahmen DiDonatos vor, darunter viele ungewöhnlich programmierte Solo-Alben, wie etwa „Drama Queens“, „Diva Divo“ oder zuletzt „In War and Peace“

  • 2016 spielt sie in einem Doku-fiction-Film über Florence Foster Jenkins die Titelrolle der „schlechtesten Sängerin der Welt“

  • Joyce DiDonato engagiert sich vielfältig sozial, unter anderem in einem Häftlingsprojekt der Carnegie Hall, für El sistema Griechenland und immer wieder auch für die Rechte von Homosexuellen

  • Sie unterstützt den sängerischen Nachwuchs, gibt Meisterkurse in der ganzen Welt, einige davon sind Youtube-Hits


Schon gewusst?


  • Joyce DiDonato vergleicht sich gern mit Dorothy aus „The Wizard of Oz“, nicht nur, weil sie aus Kansas stammt: Wie sie liebe sie es, die Welt zu bereisen, wisse aber auch, wo ihr Zuhause ist. Eine ihrer Lieblings-Zugaben ist „Somewhere Over the Rainbow“

  • Als Kind singt sie im Chor und träumt von einer Musical-Karriere, während sie mit einer Bürste als Mikrophon vor dem Spiegel Billy Joel oder Michael Jackson singt. Zur Oper bekehrt wird sie erst von Cecilia Bartolis offensichtlicher Freude am Singen

  • Vor ihrem Gesangs-Durchbruch arbeitet sie lange als Kellnerin; statt Rossini zu singen, flambiert sie Tournedos à la Rossini

  • Obwohl sie mittlerweile das Belcanto-Fach erobert hat, singt sie besonders gern Rossini. Sie liebt seine starken, unabhängigen Frauenfiguren, außerdem passe er ihr wie angegossen und mache gemeinsam mit Mozart und Händel ihre Stimme glücklich

  • Die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA empfindet sie als persönlichen Affront gegen sich selbst als Künstlerin und gegen ihre Freunde, die homosexuell oder schwarz sind. Er sei ein Angriff auf alles, was ihr wertvoll ist

  • Joyce DiDonato war zweimal verheiratet, ihr Name ist der ihres ersten Mannes. Auch ihre zweite Ehe mit dem Dirigenten Leonardo Vordoni wurde geschieden, derzeit lebt sie mit ihrem Partner, einem Tänzer und begeisterten Hobbykoch, in Barcelona

  • Wo auch immer sie gastiert, sucht sie gleich eine Möglichkeit, sich körperlich fit zu halten, zum Beispiel durch Kickboxen


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