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Ballet-bouffon in einem Prolog und drei Akten (1749)

Jupiter, oberster der Götter und untreuester aller Ehemänner, möchte seiner Gattin Juno ein für alle Mal ihre Eifersucht austreiben – um dann von ihr unbehelligt seinen außerehelichen Interessen nachgehen zu können. Zurzeit allerdings verfolgt er kein derartiges amouröses Projekt, Juno ist trotzdem voll Misstrauen und Wut auf ihren Mann und zerstört mit wilden Stürmen die Erde. Sie hat schon die gesamte Ernte ruiniert, den Menschen droht eine Hungersnot. Der Zustand ist unhaltbar und liefert Jupiter einen weiteren Grund, seine Frau von ihrer Raserei abbringen zu müssen. In seinem Auftrag schmieden Mercure und dessen Freund Cithéron einen tückischen Plan, wie sie Juno heilen und die Menschen aus der Not retten können. Cithéron wird seit einiger Zeit hartnäckig von der hässlichen Sumpfnymphe Platée mit Liebe verfolgt. Sie ist völlig davon überzeugt, dass ihrer Schönheit und Eleganz kein Mann widerstehen könnte und begreift Cithérons Abweisungen nicht. Nun sieht er die Möglichkeit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, nämlich Juno zu beruhigen und Platée loszuwerden. Der eitlen Sumpfnymphe wird weisgemacht, Jupiter hätte sich in sie verliebt und wolle sie heiraten. Der Göttervater, in den Plan eingeweiht, spielt seine Rolle in mythologischer Tradition: Werbend erscheint er Platée als Wolke, singt ihr als Esel und als Eule zarte Liebeslieder und überwältigt sie schließlich mit seinem olympischen Glanz. Platée ist von solcher Ehre ganz hingerissen und fällt begeistert auf Jupiters vorgeheuchelte Liebe herein. Eine große Hochzeitsfeier mit viel Tanz, großem Büffet und illustren Gästen wird anberaumt. Inzwischen haben Mercure und Cithéron Juno diskret über die angebliche neue Affäre ihres Mannes informiert. Kurz vor der fingierten Trauung platzt sie in das Fest und reißt der vermeintlichen Braut wutentbrannt den Schleier herunter. Angesichts der Hässlichkeit Platées muss Juno aber sofort über ihre eigene verblendete Eifersucht lachen und versöhnt sich mit Jupiter. Auf der Erde herrscht endlich schönes Wetter, Cithéron und Jupiter haben ihre Ruhe, nur Platée sitzt wieder einsam und gedemütigt in ihrem Sumpf, als die ganze Göttergesellschaft zum Olymp zurückkehrt.

Jean-Philippe Rameaus Ballet bouffon Platée gibt formal vor, eine Tragédie, eine ernsthafte französische Oper, zu sein: Es besteht aus Prolog, drei Akten mit viel Tanz, und die Handlung stammt aus der antiken Mythologie. Auch der Entstehungsanlass hätte eigentlich ein seriöses, wenn auch gut endendes Stück verlangt, denn Rameau schrieb diese Oper für die Hochzeit des französischen Thronfolgers im März 1745 in Versailles, einem der letzten großen Feste des Ancien Régime. Aber Platée ist keine verklärende Huldigungsoper für die höfische Gesellschaft, sondern eine raffinierte Satire auf die menschlichen Eitelkeiten wie auf arrogante Überheblichkeit. Kein Wunder, dass diese Intrige um die hässliche, selbstverliebte Sumpfnymphe – en travestie von einem Tenor gesungen – in Versailles wenig Anklang fand. Erst Aufführungsserien in Paris vor einem bürgerlichen Publikum machten Platée ab 1749 zu einem der erfolgreichsten Stücke Rameaus. Man ergötzte sich an der fein komponierten, subtilkomischen Musik und den Sprach- und Lautspielen – dem Quaken der Sumpffrösche, dem I-ahen Jupiters in Eselsgestalt. Aber es sind nicht allein die laut-burlesken Elemente, die das Werk auszeichnen, Rameau stellt die ungeschickte, provinzielle Platée, die von einem glamouröseren Dasein träumt, nicht nur als dumm und zurecht gedemütigt dar, er schildert auch ihren Kummer, wenn sie so brutal ausgelacht und verhöhnt wird, und wie bemitleidenswert das böse Ende ihres unverhofften Aufstieges ist. So birgt dieses Ballet bouffon doch einen ernsten Kern, indem sich beim scheinbar heiteren Schluss die egozentrische Kaltherzigkeit der Mächtigen, Reichen und Schönen als tadelnswerter erweist als die beschränkte Eitelkeit der Sumpfnymphe. Jean-Jacques Rousseau, der sonst wenig von Rameau hielt, bejubelte Platée 1750 „als das allerbeste Musikstück, das bis heute auf unseren Bühnen zu hören war.“ In Robert Carsens Inszenierung von 2014 spielen die mythologischen Ereignisse in der Welt der Pariser Haute Couture und als Jupiter erscheint der – inzwischen wirklich in den Olymp entrückte – Modegott Karl Lagerfeld. Eine brillant-sinnfällige Übersetzung dieser satirischen Oper in unsere Zeit.

© Theater an der Wien

Details

  • Produktionsjahr:

    2021

  • Kategorie:
  • Genres:
  • Altersfreigabe:

    0+

  • Audiosprache:

    Französisch

  • Untertitelsprache:

    Deutsch

  • Ort:
  • Land:

    Österreich

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