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Kann zu viel Talent problematisch sein? Man könnte meinen, Rudolf Buchbinder handle leichtsinnig, wenn er alle Mozart-Klavierkonzerte einspielt und gleich selbst dirigiert, in sieben Tagen alle Beethoven-Sonaten aufführt oder an einem Tag alle Beethoven-Konzerte interpretiert.

Vieles scheint ihm ohne großen Aufwand von der Hand zu gehen. Klavierpapst Joachim Kaiser nannte ihn das "größte pianistische Naturtalent, dem ich in meinem Leben begegnet bin". Das wird auch in technischen Fragen deutlich. Selbst bei heikelsten Schwierigkeiten schreibt Buchbinder keine Fingersätze nieder. "Es gibt drei Arten von Fingersätzen: den, den man studiert, den, den man den Kollegen empfiehlt, und den, den man beim Konzert erwischt", so der Wiener Pianist.

Was nicht heißt, dass Buchbinder schlampig ist. Im Gegenteil. Sein Arbeitspensum habe etwas Titanisches, konstatiert Biographin Michaela Schlögl. Er besitzt eine große Sammlung von historischen Partituren und Erstausgaben, die er pedantisch genau studiert. Manieristische Zutaten sind ihm fremd. Das Werk steht im Vordergrund.

Buchbinders Interpretationen wachsen, je öfter er sich mit einem Zyklus beschäftigt. Wenn er Schubert spielt, sind die Interpretationen frei von falscher Sentimentalität. Seine frühen Haydn-Aufnahmen waren wegweisend. Beethoven begleitet ihn sein ganzes Leben lang. In großen Meisterwerken sei eben immer wieder Neues zu entdecken, konstatiert Buchbinder.

© Rainer Elstner, ORF - Radio Österreich 1

Wissenswertes


  • Geboren am 1. Dezember 1946 in Leitmeritz/ Litoměřice

  • 1961: 1. Preis beim Internationalen Wettbewerb in München, Sparte Klavier-Trio

  • 1977: Grand Prix du Disque für das Gesamt-Klavierwerk von Joseph Haydn

  • Seit 2007 künstlerischer Leiter des Musikfestivals Grafenegg

  • 2012: ECHO Klassik, "Instrumentalist des Jahres"

  • 2014: Als erstes Pianist kompletter Beethoven-Sonaten-Zyklus bei den Salzburger Festspielen


Schon gewusst?


  • Buchbinder ist Sammler von historischen Noteneditionen, Nippes, cineastischen Videos und DVDs. Seine Sammlung historischer Tasteninstrumente hat er wieder verkauft.

  • Buchbinder ist als Leiter des Musikfestivals Grafenegg höchst erfolgreich.

  • Buchbinder ist zwar in Leitmeritz/ Litoměřice geboren, bezeichnet sich aber als waschechten Wiener. Seine Mutter war damals nur für private Erledigungen in Leitmeritz.

  • Die Unterschrift ins Inskriptionsbuch der Wiener Musikakademie musste Rudolf Buchbinders Mutter für ihn geben - der Fünfjährige konnte noch nicht richtig unterschreiben.

  • Seinen ersten öffentlichen Auftritt absolvierte er mit neun Jahren, zwei Jahre später wurde er in die Meisterklasse des Wiener Klavierpädagogen Bruno Seidlhofer aufgenommen.

  • Beethovens 32 Klavier-Sonaten sind Buchbinder ein Anliegen. Den Zyklus hat er in mehr als 30 Städten vollständig dargeboten.


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